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Beschreibung der Bilder von Jun, Wonkun

In meinen Bildern existieren Empfindung, Konzentration und Stimmung, die von mir nicht versteckt werden können.
Der Prozess diese Emotion auf die Leinwand zu bringen wird Methode, die meine Gefühle wiederspiegelt.Und ich lerne durch diesen Prozess Einhaltsamkeit und zeige anschließend wieich auf dem Leinwand mich zurücknehme und konzentrieren kann.

Die Darstellung der Gefühlsmäßigung wird durch die ‚Oberfläche’ übermittelt. Diese Zusammensetzung entwickelt sich zu einem Fluß der Schwärze ohne eine spezielle Grenze. Aber mit der Aufgabe der Führung der Farben, ändern sich als erstes die Grundfarben, nach und nach zu weiß oder der letzten Farbe.

Als Arbeitstechnik habe ich Auswaschtechnik angewandt, denn auf der Leinwand sollte der Fluß durch den Pinsel, nicht durch den einzeln Strich aufgetragen werden.
Durch diese Technik hinterlasse ich die Spuren meiner tiefsitzenden Gefühle. Ich möchte das Ergebnis mein Gewissen nennen. Danach wird der Prozeß einer allmählichen Reduzierung gezeigt. Bruchstückweise werden ‚Wiederholungen’ betont. Dies schränkt aber meine Gefühle ein und der Prozeß der Mäßigung wird hervorgehoben.

Die Komposition des Geometrischen, das Weiß und Schwarz erzeugt auf der Leinwand eine Spannung, und in der Welt der Schwärze findet eine endlose Veränderung der Dunkelheit statt. Und dort wieder wird die unendliche fortgesetzte Gefühlveränderung und die Schönheit aus der Zusammensetzung der Farben und Wiederholung ausgesendet.

Diese Gefühlveränderung, die jeder besitzt , in meine Sprache zu formen, glaube ich, ist meine Aufgabe, die ich durchführe und meine ‚Kunst’,die ich mir vorstelle.

2001, Wonkun Jun

   
 

Wonkun Jun

Der junge koreanische Künstler Wonkun Jun, der gerade in diesem Jahr als Meisterschüler von Helmut Federle seinen Abschluß an der Düsseldorfer Kunstakademie gemacht hat, beschreibt seine Bilder als Empfindungen, als Spiegel seiner Gefühle. Seine teilweise monochromen Farbraummalereien tragen eine sehr persönliche Handschrift. Er versucht nicht den Pinselstrich zu verstecken, sondern entwickelt aus der Pinselführung sein Malprinzip. Durch den vielschichtigen Auftrag dünner Acrylfarben auf weiß-grundierten Leinwänden entwickelt er einen Farbraum, der eine eigentümliche Faszination auf den Betrachter ausstrahlt. Die Oberfläche, die durch die oft grobe Struktur der Leinwand und kleinste Farbpartikel Lebendigkeit verliehen bekommt, erhält durch die Führung des Pinsels eine Raster- oder Linienstruktur, die den Bildern ihren individuellen Rhythmus verleiht. Jun nennt dies die Darstellung der Gefühlsmäßigung. Als Malweise nutzt er eine Auswaschtechnik, die aus einem einzelnen Strich des Pinsels einen Farbfluss erzeugt. Die letztendlich sichtbaren Farben entstehen in einem langandauernden Prozess der Reduktion. Beginnend mit Schwarztönen wird das Bild nach und nach aufgehellt, bis sich zuletzt neue Grundfarben entwickeln, die häufig bis ins Weiß überführt werden. Die Farben selbst wirken wie zarte Schleier auf der Leinwand. Als Betrachter meint man förmlich, den Malprozess nachvollziehen zu können und hinter den Oberflächen­strukturen die unterschiedlichsten Farbaufträge erahnen zu können. Bilder von poetischer Schönheit und sinnlicher Tiefe sind das Produkt dieses Entstehungsprozesses. Für Wonkun Jun spiegelt sich in ihnen eine unendlich fortgesetzte Gefühlsveränderung wider, ein Prozess der Mäßigung, der zu einer Schönheit führt, die von der Zusammensetzung der Farben und deren Wiederholungen bestimmt wird.

2004, Dr.Judith Dahmen-Beumers, [kunstraumno 10]

   
 

Arbeit von Wonkun Jun

Wonkun Jun begann seine künstlerische Laufbahn mit reinen Schwarz-Weiß-Darstellungen. Aus dem Bedürfnis heraus wieder mehr mit Farbe zu arbeiten entstanden dann die ersten monochromen Bilder, an die sich schließlich die mehrfarbigen Werke anschlossen.
Die großformatigen Leinwände mit den Kreismotiven sind ganz neue Arbeiten, die ihn in eine neue Richtung führen werden.

Das Thema des Künstlers ist die Farbe. Farbe hat ja immer etwas mit Gefühl, sowohl dem des Produzenten als dem des Rezipienten zu tun. Aus welchem Antrieb entstanden diese Bilder, welche Wirkung geht von ihnen aus?

Lassen Sie mich zunächst auf die Technik eingehen.
Wonkun Jun hat eine Technik entwickelt, die es ihm ermöglichte seine Emotionen und Empfindungen auszudrücken.
Der Künstler trägt mit einem Pinsel sehr stark mit Wasser verdünnte Farben großflächig auf eine Leinwand auf. Der letzte Auftrag ist immer Weiß. Er arbeitet in der Regel mit den 4 Farben: Rot, Gelb, Grün und Blau, die bei Bedarf auch gemischt werden können. Der Farbauftrag erfolgt in bis zu 20 Schichten übereinander (sie können an der Seite der Bilder die verschiedenen Farben sehen).
Die Farbe wird vor dem Trocknen immer wieder an bestimmten Stellen abgewaschen, z. B. um die Quadrate zu platzieren (die exakte Form ergibt sich dabei mittels einer Art Schiene), manchmal wird auch eine Schicht neu hinzugemalt. Der Prozess der Übermalens und Abnehmens erfolgt so lange, bis Jun vom Ergebnis, der Farberscheinung überzeugt ist. Der Herstellungsprozess der Bilder ist sehr langwierig und kann bis zu einem Jahr dauern.
Obwohl diesen Bildern immer exakte Vorstudien und Zeichnungen vorausgehen, erfordert das Arbeiten mit den Farben große Erfahrung und technisches Können, denn der ästhetische Zusammenklang der Farben (Farbharmonie) wie es besonders die Darstellungen mit den Quadraten zeigen, ergibt sich erst beim Malen, nämlich durch die richtige Aufeinanderfolge der Farbschichten.
Die Technik bei den Kreisbildern ist gleich. Die Grundierung ist hier jedoch noch feiner. Interessant ist das sich unter dem Weiß noch etwa 10 andere Farbschichten verbergen. Das ist technisch notwendig um bei dem Prozess des Auswaschens den Effekt der Durchscheinens erreichen zu können.
Bei der Wahl der Farben lässt sich Wonkun Jun auch von den Jahreszeiten leiten. So bevorzugt er im Winter eher wärmere Töne, im Sommer eher kühlere beispielsweise Grün und Blau.

Wir haben hier Arbeiten vor uns, die in ganz persönlicher Weise auch Ausdruck einer Auseinandersetzung der asiatischen Mentalität Wonkun Juns mit einer speziellen Richtung der westlichen Malerei darstellen.
Wonkun Jun ist an den Hochschulen von Düsseldorf ausgebildet und in dieser Zeit immer wieder mit der westlichen Farbmalerei konfrontiert worden.
Relativ schnell wurde ihm dabei klar, das er den Weg westlicher monochromer Malerei nicht gehen konnte. Das war weniger eine Frage der Technik und des Materials als die der Mentalität, aus der sich dann natürlich zwangsläufig technische Konsequenzen ergaben. Wonkun Jun selbst spricht davon, dass er sich gefühlsmäßig durch seine Bilder ausdrücken will. Er hat eine Technik geschaffen, mit der ihm das auf besondere Weise gelingt. Seine Bilder spiegeln mit ihrer Ruhe, Transzendenz und Durchsichtigkeit wesentliche Komponenten seines Wesens wieder. Das Weg- und Zurücknehmen das er durch den malerischen Akt des Abwaschens immer und immer wieder praktiziert korrespondiert mit einer Eigenschaft seiner Persönlichkeit die man wohl am treffendsten als Zurückhaltung bezeichnen könnte.
Aber auch Introversion, Sanftheit, Ruhe, Ahnung, Verschleierung, bezeichnen sowohl die Person wie das Werk.
Dieses Zurücknehmen zeigt sich auch an seiner Farbpalette. Es gibt keine grellen, lauten Farben. Alles ist leise, blass und gedämpft, mit einem Wort: reduziert. Es gibt keine starken oder krassen Kontraste zwischen den einzelnen Farbtönen. Sie halten sich, auch in ihrer Unterschiedlichkeit, die Balance.
Auch in den Bildern, die eine Aneinanderreihung von Quadraten zeigen, existieren keine scharfen Grenzen zwischen den einzelnen Farbtönen. Jun liegt nichts an der graphisch genauen trennenden Linie, der Abgrenzung, er sucht die malerische Wirkung, die die Grenzen verwischt und sie ineinander fließen lässt.
Wonkun Juns Bilder haben keine symbolischen Bedeutungsebenen. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck von Wandfresken, auf feuchten oder trockenen Kalkputz aufgetragene Malerei, wie wir sie aus der italienischen Renaissance kennen, die lasierend in mehreren dünnen Schichten übereinander gemalt wurde. Es ist das Verblichene des Farbanstriches, das Durchscheinen anderer Farbbahnen, ihr Auftauchen aus der Tiefe des Bildkörpers das den Anschein erweckt hier wäre Farbe abgeblättert und den Bildern den Eindruck von Alter, Abnutzung aber auch eine geheimnisvolle Bedeutungshaftigkeit verleiht.
Es überrascht nicht, das Wonkun Jun selbst äußerst fasziniert ist von alten Dingen, Gegenständen und Materialien denen die Patina der Geschichte sichtbar anhaftet, sowohl von ihrem Aussehen her, als auch von ihrem geschichtlichen Wert.
Seine Arbeiten spiegeln diese Faszination wieder.

Es bleibt mir zu wünschen das sie sich Zeit nehmen für diese Bilder, denn das ist es was sie dem Betrachter abfordern: Zeit um Einzutauchen in den Farbkörper um mit dem Auftauchen immer neuer Farbschichten eigene Assoziationen und Gefühle verbinden zu können.

 

2006, Regina van den Berg, Künstlerische Leiterin Kunstverein Region Heinsberg

   
  Artist's Note

In my work there are some concentration, atmosphere, and moderation. These are all used as a means to express a feeling. My paintings result from a comprehensive rendition. They are all what I felt and viewed directly through my eyes, not any social issue and ideological notion. They are based on the process of making what I embraced through my recognition and perception part of my self.

I represent what I felt by using the physical characteristic of color and brushwork. Here, 'color' and 'brushwork' are humanistic elements not industrial factors. In terms of form, what eventually remain are fundamental elements such as dots, lines, and planes. Color is an independent factor to reveal emotional situations and settings. Through my work, I intend to express all sorts of feelings through a wide spectrum of colors from black to pink.

They are the colors generating resonance in harmony, rather than pushing out or keeping away from one another. Irrespective of arrangements and composition, these colors respect and console one another. The colors left in a canvas lost their symbolic meaning and just remained as humanistic traces by the control of brushwork and strength and weakness.

I extract more assignments from such notions. I am able to bring about a wide variety of tonalities more than a mixture of paints on a palette through the overlap of four fundamental acrylic colors, red, yellow, blue, and green. I can also calculate chromatic values, guess their effects, and thus generate what I intend. The matter of another concern and assignment is 'weight' derived from temperance in expression.

Internally asserting a notion, "More things from less things," I externally meet more interests through the process of temperance. As an artist, I always try to conceive techniques and norms that have never been found anywhere. I combine acrylic paints, a medium that is most artificial and has a strong feel of plastic with the technique of 'wiping out' to exude warmhearted humanistic emotions. Unlike my previous work, recent pieces are particularly marked by this point, opening up a boundless possibility of creation.

Like a letter written in familiar handwriting, my wish is to fill them with my own colors and symbols and to make a deep impression on the audience, conveying warm words of comfort. I am grateful to all who supported and made an effort for the exhibition.

2008, Wonkun Jun

   
  Color

Color, nothing but color, is the 'fundamental element' of Won-kun Jun's art as the artist himself asserted at an exhibition in 2006. Born in Seoul in 1970, Jun studied at the Art Institute (Kunstadademie) of Dusseldorf and continued his studies at a master's level under Hemut Federle. Jun describes his painting as a manifestation of his sensibility and a reflection of his emotion. Jun's painting world, composed of spaces of colors, appears very unique through the techniques he has developed and perfected over many years. Jun's work is also characterized by a specific form that was strictly selected as his repertoire of form. This way of working appears in his large-scale monochrome paintings that fundamentally pursue a harmony of diverse colors, showing check shapes and color circles defining the entire canvas. Using his painting technique, Jun was able to gradually form color spaces by repetitively applying light acrylics to a primed canvas over several layers, generating an attractive, unique aura.

Jun creates a raster, or line structure on the surface through traces of brushstrokes, lending individually characteristic rhythms to each of his pieces. The technique he employs is shaping color streams through independent brushwork. The artist applies extremely diluted paint by blending lots of water with each stroke of the brush. Before it dries, he repetitively wipes out some parts, which influences the transparency and distinctiveness of each single color. The hues viewers see are formed through this long process of applying and wiping out colors.

Jun gradually applies dark colors first and then bright hues later to get at a certain tonality. He usually applies colors between 20-30 times when rendering a relatively large-scale piece. The intensity of color can be sensed at the edge of a canvas. When following his painting process, the audience may discover a wide variety of color coatings under a single surface texture.

Jun's repertoire of form has changed several times in last few years. Around the period when Jun completed his master's course at the academy, he preferred monochrome color areas showing the depth of seductive, distinct colors generated by the repetition of brushstrokes. We are able to perceive the multiple layers and depth in his monochrome paintings. Despite their dense surface, they appear buoyant, attracting the viewer's gaze that fixes upon a spot among the horizontal, vertical lines. These lines lend a rhythmic quality to the plane and do not indicate abstract elements. His unique process of creation results in paintings with poetic beauty and a sensuous depth.

Around four years ago, Jun began to make check-shaped patterns by arranging monochrome color areas. In the process of this development, he explored a harmonious ensemble of colors and tints. No clear boundary between each color square could be found even when placing them in a row. This is primarily concerned with the color effects generated by letting colors infiltrate one another, not with the process of demarcating boundaries. This process is incorporated into his extremely reduced palette. Like the work in his monochrome period, no garish, showy colors were used and all appear serene, placed, composed, and pale. In other words, they all seemed reduced. Each color is not in intense, stark contrast but in accord with one another.

In the next stage of his work, Jun focused attention on color circles reminiscent of floating balloons seen from the distance. Buoyant and nimble at a glance, this type of work shows his typical painting style. Dark and bright color circles stand in stark contrast. These circles become modified and reduced and sometimes look gentle and mild with the addition of white. In contrast to the paintings with check patterns, these pieces with circles reveal a background of a pastel yellow tone. The color loops encircling the color circles look like shadows in bright tones standing apart from the color circles, lending them unique splendor. The aesthetic harmonies in the color circle pieces are much more intense than in the paintings with check patterns. A harmonious interaction is derived from the pulling and pushing force found among the colors.

In his recent work, he partly returns to a monochrome painting style. His latest paintings are particularly marked by the use of white applied to the entire canvas. In this type of painting, he draws the viewer's attention to its colored edges painted in bright hues. Its edge colors, in contrast to the serene monochrome canvas, give the entire work a vital feeling of expression. Such new monochrome painting enhances the sense of its existence through its format and method of display. Jun juxtaposes white monochrome with dark monochrome in this work.

Surprisingly, this juxtaposition leads the whole piece to a placid state, removing or holding back any element of confrontation. It also recalls Far East Asian ideas such as the principle forces of yin and yang. The large-scale white canvas and small-size dark canvas are in equilibrium. Through this work, Jun achieves the infusion of new feelings and thoughts into his paintings, which are the results of the process of visualizing his own emotions.

2008, Andreas Beumers, art historian and gallery owner

   
  Farbe

Farbe, nichts als Farbe. Farbe ist, wie Wonkun Jun selbst während einer Ausstellung im Jahr 2006 formulierte, das "Basic Element" seiner Kunst. Der 1970 in Seoul geborene Koreaner Wonkun Jun, der u.a. an der Kunstakademie Düsseldorf studierte und dort Meisterschüler bei Helmut Federle war, beschreibt seine Malerei als Manifest seiner Empfindungen, als Spiegel seiner Gefühle. Seine Farbraummalereien tragen eine sehr persönliche Handschrift, die auch von einer speziellen Technik bestimmt wird, die er in vielen Jahren entwickelt und optimiert hat. Ebenso werden die Arbeiten Wonkun Juns aber auch durch die strikte Reduktion auf ein bestimmtes Formenrepertoire gekennzeichnet, welches sich von großen monochromen Arbeiten über schachbrettartige Bilder, auf denen das harmonische Zusammenspiel mehrerer Farben eine wesentliche Rolle spielt, bis zu Farbkreisen, die mal enger, mal weniger eng zusammengedrängt den Bildraum bestimmen, erstreckt.

Die von Wonkun Jun entwickelte Maltechnik ermöglicht es ihm, durch den vielschichtigen Auftrag dünner Acrylfarben auf oft bereits farbig grundierte Leinwände Farbräume zu entwickeln, die eine eigentümliche Faszination auf den Betrachter ausstrahlt. Die Oberflächen erhalten durch die Führung des Pinsels eine Raster- oder Linienstruktur, die den Bildern ihren individuellen Rhythmus verleiht. Wonkun Jun benutzt eine Auswaschtechnik, die aus einem einzelnen Strich des Pinsels einen Farbfluss erzeugt. Hierbei trägt der Künstler mit einem Pinsel sehr stark mit Wasser verdünnte Farben großflächig auf eine Leinwand auf. Vor dem völligen Abtrocknen wird die Farbe immer wieder an bestimmten Stellen abgewaschen, was die spätere Transparenz einzelner Farben spürbar beeinflusst. Die letztendlich für den Betrachter sichtbaren Farben entstehen in einem lang andauernden Prozess des Auftragens und der Reduktion. Beginnend mit dunklen Farbtönen wird das Bild nach und nach aufgehellt, bis sich zuletzt die gewünschten Farbwerte entwickeln. Oft erfolgen bei größeren Bildern insgesamt 20-30 Farbaufträge übereinander. Am Rand der Leinwand lässt sich die Intensität dieser Farbaufträge nachvollziehen. Als Betrachter meint man förmlich, den Malprozess nachvollziehen und hinter den Oberflächenstrukturen die unterschiedlichsten Farbaufträge erahnen zu können.

Das Formenrepertoire im Werk Wonkun Juns hat sich in den letzten Jahren mehrmals verändert. Gegen Ende seiner Studienzeit bevorzugte er monochrome Flächen, die sich, bedingt durch die hohe Anzahl der Farbaufträge, durch eine besondere, faszinierende Farbtiefe auszeichneten. Betrachtet man diese monochromen Gemälde, so erkennt man die Vielschichtigkeit und Tiefe einer Malerei, die etwas Besonderes beinhaltet. Die Intensität und dennoch vorhandene Leichtigkeit ihrer Oberflächen fängt den Betrachter immer wieder aufs Neue ein, einen Halt findet das Auge des Betrachters durch vertikale und horizontale Linien, die aber nicht als Hinweis auf abstrahierte Formelemente zu verstehen sind, sondern einzig der Rhythmisierung der Fläche dienen. Bilder von poetischer Schönheit und sinnlicher Tiefe sind das Produkt dieses Entstehungsprozesses.
Vor ca. vier Jahren begann Wonkun Jun, monochrome Flächen aneinander zureihen und schachbrettartige Muster zu entwerfen. Diese Phase seiner Entwicklung war gekennzeichnet durch die Suche nach einem harmonischen Zusammenspiel mehrerer Farben oder Farbtöne. Auch bei der Aneinanderreihung von Farb-Quadraten existierten keine scharfen Grenzen zwischen den einzelnen Farbtönen. Wonkun Jun lag nichts an Abgrenzungen, sondern er suchte eine malerische Wirkung, die die Grenzen verwischt und Farben ineinander fließen ließ. Dies wurde kombiniert mit einer sehr zurückgenommene Palette von Farben. Es gibt, wie in der monochromen Phase, keine grellen, lauten Farben, alles ist leise, blass und gedämpft, mit einem Wort: reduziert. Es gibt keine starken oder krassen Kontraste zwischen den einzelnen Farbtönen. Sie halten sich, auch in ihrer Unterschiedlichkeit, die Balance.

In der nächsten Werkphase wandte sich Wonkun Jun Farbkreisen zu. Die auf den ersten Blick sehr heiter wirkenden Arbeiten, die entfernt an schwebende Luftballons erinnern, sind im Einzelnen ebenfalls von der typischen Malweise des Künstlers gekennzeichnet. Dunkle und helle Farbkreise heben sich voneinander ab. In sich sind sie wieder in der reduzierten Malweise Wonkun Juns umgesetzt und häufig noch abschließend und abmildernd mit einer Schicht weißer Farbe überzogen. Dies erzeugt einen Schleier, der die Wirkung der Arbeiten noch einmal steigert. Im Gegensatz zu den schachbrettartigen Gemälden wird bei den Kreisbildern der Bilduntergrund sichtbar, der zumeist in einem pastelligen Gelbton gehalten wird. Umgeben werden die Farbkreise von Farbenkränzen, die sich zumeist wie ein heller Schatten von den dunkleren Farbkreisen abheben und diesen zusätzlich eine besondere Ausstrahlung verleihen. Der ästhetische Zusammenklang der Farben wird bei den Kreisbildern noch stärker betont als bei den schachbrettartigen Bildern. Ein sich gegenseitiges Anziehen und Abstoßen der Farben führt zu einem harmonischen Farbenspiel, das in den Bildern Wonkun Juns fest verwurzelt ist.

In den aktuellen Arbeiten kehrt Wonkun Jun teilweise wieder zu einer monochromen Malweise zurück. Im Gegensatz zu seinen früheren Werken sind die aktuellen Gemälde dadurch gekennzeichnet, dass nun auch Weiß als Farbe ganzflächig genutzt wird. Gerade bei diesen Gemälden wird die Randbemalung, durch die die Vielschichtigkeit der Farben hervorgehoben wird, noch mehr ins Blickfeld des Betrachters gerückt. Die Ränder dieser Arbeiten sind aufgehellt und entwickeln eine Strahlkraft, die mit denen der Farbkreise zu vergleichen ist. Hinzu kommt aber bei diesen Leinwandbildern der Kontrast zwischen den monochromen, ruhigen Bildflächen und ihren überaus lebendigen und vielfarbigen Randbemalungen, der den Bildern eine ganz eigene Ausdruckskraft verleiht. Eine weitere Steigerung ihrer Präsenz erhalten die neuen monochromen Leinwände durch ihre Formate und ihre Hängung. Wonkun Jun platziert seine neuen Arbeiten in der Weise nebeneinander, dass großformatige monochrom-weiße Gemälde neben monochrom-dunklen hängen. Das Verblüffende daran ist, dass die Gemälde dadurch insgesamt in einen Zustand der Ruhe überführt werden und Gegensätzliches sich aufhebt. Der Gedanke an das fernöstliche Prinzip der ausgleichenden Kräfte Yin und Yang liegt hier nahe. Weiße, großformatige Leinwände halten sich mit dunklen, kleinformatigen gegenseitig in der Waage, wodurch es Wonkun Jun gelingt, neue Gefühle, neue Gedanken und Ideen in den Malprozess einfließen zu lassen. Wonkun Juns Bilder sind das Produkt eines Prozesses, der die Empfindungen des Künstlers durch den Malakt sichtbar manifestiert.

2008, Andreas Beumers, Kunsthistoriker

   
  Bilder von Wonkun Jun:
Einmalige Erscheinungen einer Ferne und einer Nähe zugleich

Die Bilder von Wonkun Jun haben eine besondere Eigenart. Sie ziehen Blicke auf sich, auf ihre Oberfläche, und sie ziehen Blicke in sich hinein, in die Tiefe dieser Oberfläche. Die Arbeiten wollen aufmerksam in Augenschein genommen werden, denn - wie Mark Rothko 1947 in Tiger's Eye formulierte - diejenigen Bilder leben auf, die sich in Gesellschaft sensibler Betrachterinnen und Betrachter befinden, in deren Bewusstsein sie einströmen und sich selbst erfüllen.
Was sind das für Arbeiten? Wie wirken sie? Und wieso?
Es handelt sich um abstrakte Werke, meist um Malereien. Der Künstler verwendet für seine Gemälde Acrylfarben auf Leinwand. Kleinere Formate liegen bei 32 x 40 cm, größere bei 150 x 120 cm. Diese Formate sind verglichen mit den Farbfeldmalereien von Barnett Newman oder Jackson Pollock, die durch ihre schiere Größe von mehreren Quadratmetern Feiern des Erhabenen sind, intime Klein- und Mittelformate. Sie laden ein, näher und näher an sie heran zu treten. Mit dem Herantreten füllt das Bildgeviert jedes Gemäldes nach und nach den Gesichtskreis seines menschlichen Gegenübers. Hierbei entwickelt die ebene Fläche des Bildes, anders als bei Kenneth Noland oder Frank Stella, eine eigentümliche Tiefe.
Mal ferner, mal näher, mal ferner. Die Maltechnik von Jun bedingt die Tiefenräumlichkeit seiner Bilder. Er trägt die Acrylfarben verdünnt auf, in bis zu zwei, drei Dutzend Schichten, die er nicht nur auf-, sondern auch abträgt, dadurch dass er die noch nicht angetrocknete Farbe abwischt. Er ist additiv und subtraktiv tätig. Jun arbeitet gewissermaßen bildarchäologisch. Er materialisiert und erodiert und materialisiert. Durch dieses Wechselspiel gibt er den Werken eine ihnen eigene Aura.
Walter Benjamin illustriert den "Begriff der Aura an dem Begriff einer Aura von natürlichen Gegenständen"; er definiert sie "als einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag. An einem Sommertag ruhend einem Gebirgszug am Horizont oder einem Zweig folgen, der seinen Schatten auf den Ruhenden wirft - das heißt die Aura dieses Berges, dieses Zweiges atmen."
Was Benjamin angesichts der Erfahrung der Natur exemplifiziert, lässt sich auf die Arbeiten von Jun übertragen, auch wenn er als ungegenständlich schaffender Künstler sich nicht an der Erfahrung der Natur orientiert. Der Blickwechsel von Benjamin vom nahen Zweig zum fernen Berg kehrt bei Jun wieder als Blickwechsel auf mal nah, mal fern scheinende bildnerische Elemente wie Dreiecke, Kreise oder Quadrate. Diese räumliche Tiefe ist in zweierlei Hinsicht ein Effekt der Farben. Zum einen (en gros gesehen) hebt ein blasser gelber Kreis vor Weiß sich kaum ab, hingegen tritt einer in Blau nach hinten, einer in Orange nach vorne. Zum anderen (en détail gesehen) sind die vermeintlich einfarbigen Kreise so einfarbig nicht. Sie bestehen aus Schichten unterschiedlicher Farben, aus hellen und dunklen Stellen, je nach Einfall des Lichts auf die je fein oder je grob beschaffene Leinwand. Und um sie herum finden sich andersfarbige Ringe, beispielsweise gelbe und grüne Töne um einen vermeintlich einfarbig roten Kreis.
Eine solche Erscheinung innerhalb eines Bildes, das unabhängig von der Erfahrung der Natur entstand, lässt gleichwohl diejenigen, die es mit der Erfahrung der Natur zu vergleichen wünschen, an natürliche Gegenstände denken. An ein Halo beispielsweise. Oder an einen Regenbogen, dessen Farben einerseits deutlich erscheinen, anderseits undeutlich, unklar und unscharf. So geht Rot fließend in Orange über, Orange fließend in Gelb, Gelb fließend in Grün und so fort.
Wer wie Jun ungegenständlich arbeitet, der arbeitet mit den Mitteln der Malerei um der Malerei willen. Dies hat eine über einhundertjährige Geschichte, an die Jun anknüpft, indem er elementarisiert. Mittelbar wirkt Paul Cézannes Credo nach, dass sich alles in der Natur nach Kegel, Kugel und Zylinder modelliere. Unmittelbar das Diktum von Theo van Doesburg, dass ein Bild nur mit reinen Mitteln gestaltet werden solle, sprich nur mit Farben und Flächen, die nicht die Natur nachahmten, sondern sich nur auf sich selbst zurückbezögen. Jun vermittelt zwischen der dreidimensionalen Elementarisierung Cézannes und der zweidimensionalen van Doesburgs. Er verleiht, wie beschrieben, seinen Dreiecken, Kreisen und Quadraten durch mehrmaliges Addieren und Subtrahieren von Farben eine eigentümliche Tiefe. Er erzeugt eine Unschärfe, gewissermaßen das Gegenteil dessen, was in der Fotografie als Schärfentiefe oder Tiefenschärfe bezeichnet wird. Eine solche Unschärfe ist ein Teil des Repertoires der gegenständlichen Malerei, auch derjenigen, die älter ist als die Fotografie. Eugène Carrière kultivierte diesen Effekt im 19. und 20. Jahrhundert, Rembrandt im 17. und Leonardo da Vinci im 15. und 16. Jahrhundert. Jun überträgt ihn auf ungegenständliche Werke, sprich er kombiniert Errungenschaften alter und neuer Kunst. Mit dem Ergebnis, dass seine Werke in Sachen Sfumato - damit ist eine weiche, verrauchte oder verschwommene Kontur à la Leonardo gemeint - die Wahrnehmung schärfen für den Vergleich von abstrakten Werken. Unter ihnen ist das Sfumato eine echte Rarität, wenn nicht ein No-Go, so bei den Zürcher Konkreten, beispielsweise bei Richard Paul Lohse, oder bei den Künstlern des Neo-Geo, so bei Peter Halley, Imi Knoebel, Blinky Palermo oder Heimo Zobernig. Bei ihnen beherrscht eine kühle Rationalität das Malen oder das Bilder-Machen. Bei Jun ist das Malen zwar auch eine rationale Tat, die jede expressive Geste vermeidet, zugleich aber auch eine kontrolliert emotionale, die das Werk nicht kühl kalkuliert erstarren lässt, sondern die es auratisch auflädt. Der Künstler betont, dass für ihn die Konzentration während des Malens eine Methode sei, seine Gefühle geklärt und gemäßigt in seine Malereien einfließen lassen zu können.
Diese auratische Aufladung fordert und fördert das Sehen und das Verstehen. Was für die beschriebenen Kreisbilder gilt, das gilt ebenso für die Bilder mit den Dreiecken und den Quadraten sowie für die Serie der mittig überwiegend weißen Bilder, deren Ränder Streifen vieler Farben zieren. Die zuletzt genannten sind ein Sonderfall, da sie erstens zur Monochromie tendieren, zweitens die Monochromie durch die polychromen Streifen konterkarieren und drittens durch die Streifen die Abstraktion desavouieren, da die Streifen, wenn sie nicht abstrakt interpretiert werden, einen gemalten Rahmen darstellen. Das ist eine Schule des differenzierenden Sehens und Verstehens sowie des Nachdenkens nicht nur über das gestaltete Gemälde sondern auch über den Gestaltungsprozess. Bei allen Gemälden bleiben an deren Seitenrändern die Verlaufspuren der Farben sichtbar. Der Künstler legt offen, mit welchen Farben er üblicherweise malt, nämlich mit Blau, Gelb, Grün und Rot, und wie sehr er die Farben verdünnt.
Es gibt eine Werkgruppe, bei der Jun seine übliche Palette einschränkt, die Bilder mit farbigen Linien auf weißen Hintergründen. Für die Linien wählt er je eine Grundfarbe aus, die er variiert, dadurch das er eine andere Farbe beimischt, oft Schwarz. Die Linien platziert er mal um die Horizontale herum, mal um die Vertikale herum, manchmal beides. Auch hier trägt er verdünnte Farbe auf und ab. Dabei entspringen einem Pinselstrich zwei Linien, dadurch dass die Farbe an den Rändern des Strichs schneller trocknet als inmitten des Strichs, wo sie weggewischt wird. Die Breite des Pinsels entscheidet über den Abstand der zwei zeitgleich entstehenden parallelen Linien. Auch das ist eine Sehschule beziehungsweise eine Schule des Sehens und Sprechens über Gesehenes. Denn die Linien sind genau besehen und genau besprochen dünne Streifen mit hauchdünnen Rändern, von denen der eine eher dem Ideal einer Linie entspricht, wohingegen der andere eher einer Kurve gleicht. Nähe und Ferne wird hier anders als bei den zuvor beschriebenen Werkgruppen thematisiert, primär als eine Frage der Relation ähnlicher Streifen in einer Ebene, sekundär als eine Frage der Tiefendimension durch das Überlappen unähnlicher Streifen in unterschiedlichen Ebenen des Bildes.
So eignen sich alle Gemälde von Wonkun Jun, sich in sie hinein zu versenken, um die Erscheinungen ihrer Nähe und ihrer Ferne auszuloten. Dies setzt eine gewisse Ruhe voraus, dann eine Ruhe frei. In ihr mag sich mit der Auslotung des Gesehenen auch die des Sehenden ereignen.

Dr. Frank Laukötter

   
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punkt. Kunst im Nordwesten 2009

Heinsberger Nachrichten 2006

Kölner Stadt Anzeiger April 2004

Rheinische Post Februar 2005

Meerbuscher Nachrichten November 2001

Rheinische Post September 2003

Rheinische Post November 2001

Rheinische Post März 2004

Rheinische Post Februar 2003

Rundschau Gaildorf